Gefangen in der Dunkelheit Depression bei jungen Erwachsenen
Die Blühte des Lebens?

Depressionen haben viele Gesichter. Dennoch kommen den meisten Menschen beim Stichwort „Depression“ keine Bilder von jungen Erwachsenen in den Kopf. Die Schule hinter sich, auf ins Leben und all die vielen Möglichkeiten. Was kann da denn schon schiefgehen? Doch wann und ob jemand eine Depression oder eine andere psychische Störung entwickelt, kann, aber muss sich nicht zwangsläufig mit belastenden Erfahrungen zusammenhängen. Zudem gibt es keinen objektiven Maßstab dafür, welche Situationen für (junge) Menschen eine Herausforderung darstellen.

 

 

Wir unterscheiden uns dahingehend, wie wir mit Krisen und kritischen Lebensereignissen umgehen. Der Weg ins Erwachsenwerden kann holprig sein und gilt als eine der Entwicklungsaufgaben, denen sich Menschen im Laufe ihres Lebens stellen. Eine Zeit, in der wir vulnerabel sind. Wie sich Depressionen bei jungen Erwachsenen äußern und welche Risikofaktoren es gibt, erfahren Sie in diesem Artikel.

Kernsymptome Depression

Die Anzeichen einer Depression unterscheiden sich in Art und Ausprägung bei jedem Menschen. Zentrale Anzeichen sind jedoch ein Verlust an Freude und Interesse, Antriebsmangel und eine gedrückte Stimmung über eine Dauer von mindestens zwei Wochen.

Was Depressionen bei jungen Erwachsenen ausmacht

Aus dem Barmer – Ärztereport (2018) geht hervor, dass in der Gruppe der 18–25-Jährigen in Deutschland etwa 7,6% an einer Depression leiden. Der Report zeigt außerdem: Die Zahlen steigen. Seit dem Jahr 2006 um fast 66%. Aussagen über die Inzidenzen, womit kurz gesagt das Erkrankungsrisiko gemeint ist, werden hier ebenfalls getroffen. Bei jungen Männern beträgt das Risiko, innerhalb eines Jahres eine Depression zu entwickeln, etwa 2%, bei Frauen 3,5%. Wichtig zu erwähnen ist, dass in die Zahlen nur gestellte Diagnosen mit einfließen und demnach mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen ist. Psychische Störungen werden nach wie vor stigmatisiert. Betroffene schämen sich oder fühlen sich schuldig und sind aus diesem Grund gehemmt, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Wie entsteht eine Depression?

Die Entstehung von psychischen Erkrankungen ist multifaktoriell bedingt. Biologische und psychosoziale Faktoren kommen als Ursache und / oder Auslöser infrage. Kritische Lebensereignisse wie Trennungen, berufliche und private Konflikte, Sinnkrisen oder andauernder Stress stellen unsere psychische Widerstandskraft auf die Probe. Ob eine adäquate Bewältigung gelingt, hängt u.a. von unserer Genetik, unseren bisherigen Erfahrungen, unserer Persönlichkeit und unseren Denkmustern ab.

Stress als Risikofaktor

Andauernder Stress macht uns erwiesenermaßen krank. Er entsteht aus dem Gefühl heraus, eine Situation nicht mit den momentan vorhandenen Ressourcen (zeitlich, materiell, kognitiv etc.) bewältigen zu können. Er bringt uns um den Schlaf, da in der Stille die Gedanken erst so richtig laut werden. Auch Jugendliche und junge Erwachsene berichten vermehrt von Stress und Überforderung. 

Ein ernstzunehmendes Problem

Es ist wichtig, die Sorgen und Ängste junger Erwachsener ernst zu nehmen. Sich den existentiellen Fragen des Lebens zu stellen, seine Identität aufzubauen, eigene Werte zu identifizieren, mehr Verantwortung übernehmen zu müssen und sich im ständigen Wettbewerb und Konkurrenzkampf zu beweisen, sind gewiss keine leichten Aufgaben.

 

Auch wenn sich viele junge Menschen mit den übergeordneten Themen identifizieren können, so bringen sie ganz individuelle Voraussetzungen und Ausgangsbedingungen mit. Trotzdem kann es möglicherweise von dem Gefühl befreien, an der eigenen Lage selbst schuld zu sein, denn es gibt eine ganze Menge an Gleichgesinnten.

Das psychische Gerüst wackelt Ursachen

Verpflichtungen

Immer mehr, immer schneller, immer weiter. Bereits Schulkinder bekommen den Druck zu spüren, der seitens unserer Leistungsgesellschaft auf ihnen lastet. Mit dem Studium einher, gehen dann meist die ersten Schritte in Richtung Selbstständigkeit einher. Für viele junge Erwachsene stellt es eine große Belastung dar, Freizeit, Alltagsplanung, Nebenjob und universitäre Verpflichtungen unter einen Hut zu bekommen. Wofür habe ich genug Zeit? Wofür genug Geld? Ständig gibt es etwas zu erledigen, die To-Do-Liste scheint endlos.

Soziales

Das Sozialleben von (jungen) Menschen spielt sich sowohl analog als auch digital ab. Soziale Medien haben neben neuen Kommunikationsmöglichkeiten, Inspiration, Vernetzung und Spaß auch ihre Schattenseiten: Sie fördern negative Vergleichsprozesse und somit die subjektive Wahrnehmung, nicht schön und erfolgreich genug zu sein.

Zusätzlich zu dem Gefühl, ohnehin mit seinen Terminen nicht hinterherzukommen, entsteht beim ständigen Eintauchen in das Leben der Mitmenschen die sogenannte „Fear of missing out“, auch „Fomo“ genannt. Die Angst, etwas verpassen zu können.

Auch im echten Leben bleiben solche sozialen Vergleiche nicht aus. Zunehmender Konkurrenzdruck stellt gerade für Studierende eine enorme Stressquelle dar. Daraus resultierende Selbstwertprobleme können das Risiko für Depressionen bei jungen Erwachsenen begünstigen.

Zukunftsängste

Ist an dem Sprichwort „die Qual der Wahl“ etwas Wahres dran? Vermutlich ja. In der Psychologie gibt es sogar das Auswahlparadox. Danach entscheiden sich Menschen beispielsweise eher gegen ein Produkt, wenn ihnen zu viele davon zur Auswahl stehen. Junge Erwachsene fühlen sich überfordert von all den Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig plagen sie viele Ängste. Die Angst, beruflich falsche Entscheidungen zu treffen, nicht erfolgreich oder zufrieden zu sein. Die Angst, gesellschaftlichen und persönlichen Ansprüchen nicht gerecht zu werde.

Was will ich vom Leben? Wer bin ich und wer will ich sein? All diese existentiellen Fragen lösen große Unsicherheiten aus.

Conona-Pandemie

Ein neuer und aktueller Faktor, der die psychische Gesundheit junger Menschen beeinträchtigt, ist die Corona-Pandemie. In unserem Artikel zum Thema Corona und Psyche haben wir über die mentalen Auswirkungen der monatelangen Kontaktbeschränkungen berichtet.

Bereits im ersten Lockdown stieg die Zahl depressiver Symptome bei jungen Menschen von 10,4% auf 25,3%. Dennoch ist auch hier bei kausalen Schlussfolgerungen Vorsicht geboten. Nicht alle jungen Menschen haben in gleicher Weise auf die Isolation, die fehlende Struktur und den mangelnden sozialen Austausch reagiert. Die genannten Punkte stellen somit mögliche Auslöser dar, die in Kombination mit tieferliegenden Ursachen die Entstehung einer Depression begünstigen können.

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Hilfe bedeutet Selbstfürsorge

Empfundener Stress und Leidensdruck sind nicht an einem allgemeingültigen Kriterium zu messen. Jeder Mensch verdient in jedem Alter und in jeder Lebenslage Hilfe. Seien Sie stolz, auf sich selbst aufpassen zu können. Früh übt sich!

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