
Depressionen
Müdigkeit, Grübeln und ein Gefühl von Leere: Depressionen übermannen viele von uns. Doch auch wenn es oft hoffnungslos erscheint, ist eine effektive und zielgerichtete Behandlung möglich.

Bestimmt haben Sie sich schon einmal Sorgen um sich oder Ihre Liebsten gemacht. Sind meine Kinder gut in der Schule angekommen? Werde ich in Zukunft finanziell abgesichert sein? Was passiert, wenn ich schwer krank werde? Es ist völlig normal, dass uns solche oder ähnliche Gedanken mal durch den Kopf gehen.
Der entscheidende Punkt ist: Sie tauchen auf, verschwinden dann aber wieder. Treten die Sorgen und Ängste unverhältnismäßig oft und intensiv auf, sind quälend, situationsübergreifend und führen zu Beeinträchtigungen bei der alltäglichen Lebensführung, könnte das auf eine Generalisierte Angststörung hindeuten.
Angst als Emotion hat für alle Menschen eine wichtige Funktion: Sie lässt uns genau hinsehen, macht uns wach, lenkt unsere Aufmerksamkeit und warnt uns vor potenziellen Gefahren. Würden wir uns vor nichts und niemandem fürchten, würden wir uns tagtäglich unzähligen Risiken aussetzen.
Alle Angststörungen haben eine Gemeinsamkeit: die Angst kommt auf psychischer und körperlicher Ebene in einem unangemessenen Ausmaß vor. Es gibt verschiedene Formen der Angststörungen, die sich vor allem dahingehend unterscheiden, wann oder wovor sich die Betroffenen fürchten. Zu den Wichtigsten gehören die Panikstörung mit/ohne Agoraphobie, die Spezifische Phobie, die Soziale Phobie und die Generalisierte Angststörung.
Das zentrale Merkmal einer generalisierten Angststörung (GAS) ist das Sich-Sorgen. Inhaltlich unterscheiden sich diese Gedankenketten nicht von den Sorgen anderer Menschen. Es geht häufig um Alltägliches aus allen möglichen Lebensbereichen wie Finanzen, Gesundheit oder persönliche Beziehungen. Was aber unterscheidet nun normale und pathologische Sorgen?
Menschen mit einer generalisierten Angststörung verbringen am Tag mehrere Stunden damit, sich über mögliche, meist zukünftigen Ereignisse, den Kopf zu zerbrechen. Dabei kommen sie allerdings zu keinem Ergebnis, welches die Sorgenkette beenden könnte. Oft reicht ein simples Ereignis aus, um das Gedankenkarussell in Gang zu bringen. Stellen Sie sich als Beispiel folgende Situation vor:
Ein Brief vom Finanzamt trudelt ein. Noch vor dem Öffnen des Briefes löst dieses Ereignis bei Betroffenen einer Angststörung eine Lawine an Gedanken aus:
Die Sorgen sind übertrieben, exzessiv und der Situation nicht mehr angemessen, nicht selten enden sie gedanklich in einer Katastrophe. Betroffene fühlen sich ihren Gedanken ausgeliefert und erleben ein Gefühl der Unkontrollierbarkeit, was zu Ängsten und Unsicherheit führt. Erschwerend hinzu kommen sogenannte Metakognitionen, also die Gedanken über das Sich-Sorgen, welche in eine positive und ebenso negative Richtung gehen können. Eine positive Annahme wäre beispielsweise, dass die eigenen Sorgen schützen und wachsamer machen; eine negative, dass der eigene Sorgenprozess einen gar krank machen könnte.
Diese Meta-Sorgen werden ebenfalls als sehr quälend erlebt, da sie zu den ohnehin schon zeit- und nervenraubenden Alltagssorgen hinzukommen. Positive Annahmen quälen Betroffene vielleicht weniger, sie tragen aber dennoch maßgeblich zur Aufrechterhaltung bei, da Sorgen hier als etwas Notwendiges oder Wichtiges betrachtet werden.
Neben der exzessiven Angst und Sorge hinsichtlich verschiedener Ereignisse und dem Gefühl der Unkontrollierbarkeit der Ängste, müssen für die Diagnose einer generalisierten Angststörung folgende Kriterien erfüllt sein:
Menschen mit einer generalisierten Angststörung versuchen den quälenden Sorgenketten zu entkommen oder vermeiden bestimmte Handlungen, damit ihre Befürchtungen nicht eintreten. Leider haben diese Verhaltensweisen den gegenteiligen Effekt. Zum einen versuchen sie, die Sorgen und Ängste zu kontrollieren. Wenn Sie das Gedankenexperiment „Denken Sie bitte nicht an einen rosa Elefanten“ kennen, können Sie sich bestimmt vorstellen, dass das nicht sonderlich gut funktioniert. Zum anderen werden Situationen oder Handlungen gemieden, wodurch die hilfreiche Erfahrung, dass die befürchteten Konsequenzen gar nicht eintreten, nicht durchlebt werden kann.
Ständige Rückversicherung wie Anrufe, ob es jemandem gut geht oder ob die Kinder gut in der Schule angekommen sind, wirken einen Moment lang beruhigend, verringern das Vertrauen in sich und Andere auf lange Sicht aber. Auch positive Annahmen über die eigenen Sorgen ("Sorge bedeutet Vorsorge", "Ich schütze andere mit meinen Sorgen") halten Betroffene in den Gedankenschleifen fest.
Wie bei den meisten (psychischen) Erkrankungen, ist die Entstehung einer generalisierten Angststörung durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren bedingt.
Generalisierte Angststörungen werden häufig nicht als solche erkannt. Sie treten oft in Zusammenhang mit anderen Angststörungen und affektiven Störungen auf. Symptome wie Sorgen, Ängste und Grübeln sind zudem Bestandteile weiterer Krankheitsbilder, beispielsweise bei Zwangsstörungen und Depressionen. Patienten und Patientinnen berichten oft erstmal von somatischen Beschwerden wie Schlafstörungen oder davon, ständig „auf dem Sprung“ zu sein. Eine umfangreiche diagnostische Abklärung ist deshalb sehr wichtig, um gezielt an der individuellen Problematik anzusetzen und bestmöglich helfen zu können.
"Kein Übel ist so schlimm wie die Angst davor." – Seneca
Der Gedanke, sich seinen Ängsten zu stellen, löst Unbehagen aus, doch die Vorstellung, für den Rest seines Lebens durch Ängste ausgebremst zu werden, vermutlich genauso. Haben Sie also keine Angst, sich Unterstützung zu holen, um wieder unbefangen das Leben genießen zu können!