
Psychosomatik/Psychiatrie
Blomenburg Privatklinik
Burgstraße 1
24238 Selent
+49 4384 3370 114

Unser Leben ist immer wieder von Veränderungen bestimmt. Doch unsere Psyche mag eigentlich keine Veränderungen und so sind z. B. ein Jobwechsel, ein Umzug oder der eine Trennung für Menschen sehr belastend. Für manche kann eine Veränderung so schwierig sein, dass sie die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Eine mögliche Reaktion auf solche Lebensveränderungen ist die sogenannte Anpassungsstörung. Diese psychische Störung ist recht häufig und wird trotzdem leider oft nicht richtig erkannt oder vom Umfeld ernst genommen.
Die Anpassungsstörung ist eine psychische Reaktion auf ein für den Betroffenen sehr schwieriges, lebensveränderndes Ereignis. Die emotionale Reaktion und das damit verbundene Verhalten der Betroffenen sind ausgeprägter und länger anhaltend, als das, was als eine normale Verarbeitung angesehen wird. Symptome zeigen sich meist innerhalb von drei Monaten nach dem belastenden Ereignis und können alle Lebensbereiche stark beeinträchtigen.
Anpassungsstörungen sind in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10 bzw. ICD-11) und im Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-5) als eigenständige Diagnosen genannt.
Anpassungsstörungen sind eine Reaktion auf eine oder mehrere lebensverändernde Situationen. Dabei muss das Ergebnis vorerst keine negative Konnotation haben. Typische Auslöser sind:
Natürlich führt nicht jedes belastende Ereignis zu einer Anpassungsstörung. Die individuelle Biografie und die Historie der Betroffenen, so wie die verfügbaren Bewältigungsstrategien und Ressourcen, sind Faktoren, die einen Einfluss darauf haben, ob man erkrankt oder nicht.
Die Betroffenen können durch anhaltende Traurigkeit oder depressive Stimmung, Angst, Nervosität, sorgenvolles Grübeln, Reizbarkeit und Wutanfälle auffallen. Manche zeigen aber auch Hoffnungslosigkeit, Entscheidungsunfähigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Störungen im Antrieb und der Motivation.
Auch körperliche Beschwerden, wie Schlafstörungen, Appetitveränderungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Erschöpfung und Energieverlust sind möglich.
Einige Betroffene ziehen sich sozial zurück, erleben einen Leistungsverlust in Beruf oder Schule. Auch ein vermehrter Alkohol- oder Drogenkonsum oder impulsives oder aggressives Verhalten gehören in die Liste der möglichen Beschwerden bei der Anpassungsstörung.
Die Symptomatik kann sich je nach Person und Situation stark unterscheiden. Manche Menschen entwickeln vorrangig depressive Symptome, andere zeigen eher Angstreaktionen oder Verhaltensauffälligkeiten.
In einigen Klassifikationen werden Anpassungsstörungen nochmal nach den führenden Symptomen in Untergruppen (Subtypen) eingeteilt:
Die Diagnose einer Anpassungsstörung erfordert ausführliche Anamnese in einem Gespräch mit den Betroffenen und eine sorgfältige klinische Einschätzung. Mithilfe von standardisierte Fragebögen, Beobachtung des Verhaltens und Einbeziehung von Angehörigen oder Bezugspersonen erfasst der/die Untersucher:in, ob es sich um eine Anpassungsstörung handelt.
In der Untersuchung wird geprüft, ob ein belastendes Ereignis vorliegt, da die auftretenden Symptome dann als direkte Reaktion darauf zu werten sind. Dabei sollte ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Beginn der Symptome erkennbar sein – in der Regel innerhalb von drei Monaten. Die Reaktion der Betroffenen fällt dabei deutlich stärker aus, als es unter normalen Umständen zu erwarten wäre. Zudem zeigen sich erhebliche Beeinträchtigungen in einem oder mehreren Lebensbereichen. Wichtig ist außerdem, andere psychische Störungen, wie etwa eine depressive Episode, eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine Angststörung, als Ursache auszuschließen.
Mithilfe von Psychotherapie lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Empfohlen werden die kognitive Verhaltenstherapie (CBT), interpersonelle Therapie (IPT), psychodynamische Therapie oder systemische Therapie.
Auch eine Medikamentöse Behandlung kann zeitweise helfen starke Symptome zu mildern und wird meist zusätzlich zu der Psychotherapie für kurze Zeit eingesetzt. Hier kommen Antidepressiva bei ausgeprägter depressiver Symptomatik und Anxiolytika bei ausgeprägten Ängsten zum Einsatz.
Neben den psychotherapeutischen Interventionen und Medikamenten sind Entspannungsverfahren, wie Progressive Muskelrelaxation, Achtsamkeitstraining, Yoga hilfreich. Auch der Besuch von Selbsthilfegruppen und Psychoedukation mit Vermittlung von Wissen über Stressbewältigung und Emotionsregulation können die Heilung fördern.
Anpassungsstörungen sind heilbar und haben eine gute Prognose. Die meisten Betroffenen erholen sich innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende des belastenden. Eine unbehandelte Anpassungsstörung kann aber ich seltenen Fällen chronisch werden und in eine andere psychische Störung übergehen, wie z. B. in eine Depression oder eine Angststörung.
Besonderes schwierige Voraussetzungen bestehen, wenn die auslösenden Faktoren länger bestehen und die Betroffenen weiter unter dem Stress stehen. Aber auch fehlende soziale Unterstützung, Einsamkeit oder bereits bestehende psychische Probleme, können den Heilungsverlauf der Anpassungsstörung belasten und behindern. Es ist demnach wichtig, eine Anpassungsstörung und die Auslöser rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Es gibt Voraussetzungen, die Betroffene in einer Krise schützen können und die Bewältigung von emotionalem Stress leichter machen: Eine gesunde Resilienz durch Selbstfürsorge, Achtsamkeit und eine positive Selbstwahrnehmung schützt vor Stress. Ein tragendes soziales Netzwerk ist ebenfalls eine wichtige Schutzfunktion in emotional stressigen Zeiten. Wer gelernt hat eine gute Problemlösefähigkeit und Flexibilität in neuen Situationen einzusetzen, ist in Krisenzeiten ebenfalls im Vorteil. Und natürlich ist eine gesunde Lebensweise mit gutem Schlaf, gesunde Ernährung und moderater Bewegung wichtige für unsere Psyche.
Anpassungsstörungen werden bei ca. 30 % der Patient:innen diagnostiziert, die sich in psychischer Behandlung begeben. Vermutlich ist die Zahl der Betroffenen in der Bevölkerung viel höher, doch viele gehen nicht in Behandlung, da Ihnen die Diagnose nicht bekannt ist. Dementsprechend handelt es sich um eine häufige psychische Reaktion auf belastende Lebensereignisse.
Obwohl sie in der Bevölkerung meist als "leichte" Störung wahrgenommen werden, können sie das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Daher sind eine frühzeitige Diagnose, eine psychotherapeutische Unterstützung und eine unterstützende soziale Stabilisierung sehr Ausschlag gebend für eine erfolgreiche Heilung