
Depressionen
Müdigkeit, Grübeln und ein Gefühl von Leere: Depressionen übermannen viele von uns. Doch auch wenn es oft hoffnungslos erscheint, ist eine effektive und zielgerichtete Behandlung möglich.

Männer stehen oft unter hohen Druck: stark sein, Probleme alleine lösen, im Job performen, im Alltag funktionieren. Zwischen Karriere, Verantwortung und gesellschaftlichen Erwartungen bleibt kaum Raum echte Erholung. Viele Männer merken erst spät, dass sie sich überfordert fühlen. Die Erschöpfung wächst schleichend, bis nichts mehr geht. Dann ist oft von einem Burnout die Rede.
Statistisch gesehen sind 3,3 % der Männer betroffen – deutlich weniger als Frauen (5,2 %). Doch liegt das wirklich daran, dass Männer seltener ausbrennen? Oder äußern sich die Symptome bei ihnen einfach anders und bleiben deshalb länger unentdeckt? Je später ein Burnout erkannt wird, desto höher das Risiko für eine Depression. Es lohnt sich also, früh hinzusehen und die typischen Anzeichen bei Männern zu kennen.
Betrachtet man die Zahlen, stellt sich die Frage, ob Frauen tatsächlich häufiger von Burnout betroffen sind oder ob das Erschöpfungssyndrom bei Männern schlichtweg häufiger unerkannt bleibt und damit nicht diagnostiziert wird.
Ein Burnout entwickelt sich oft schleichend und beginnt nicht selten mit körperlichen Anzeichen. Der Körper versucht frühzeitig zu signalisieren, dass das Belastungslimit erreicht ist – oder bereits überschritten wurde. Diese Signale können leicht übersehen oder fehlinterpretiert werden, vor allem wenn man gewohnt ist, „funktionieren“ zu müssen.
Typische körperliche Symptome eines Burnouts sind:
Bei Männern äußern sich körperliche Symptome von Burnout oft stärker als bei Frauen. Sie berichten häufiger von Herz-Kreislauf-Problemen oder Magen-Darm-Beschwerden. Gleichzeitig neigen Männer dazu, körperliche Warnsignale länger zu ignorieren – aus Sorge, Schwäche zu zeigen oder als nicht "belastbar" zu gelten. Das kann dazu führen, dass Burnout bei Männern häufig erst in einem späteren Stadium erkannt wird.
Neben körperlichen Beschwerden zeigen sich bei einem Burnout vor allem psychische Veränderungen. Diese betreffen das Denken, Fühlen und Handeln und können Betroffene tief verunsichern. Oft verändert sich das Verhalten im Alltag merklich – für andere, aber auch für die Person selbst.
Häufige psychische Anzeichen eines Burnouts:
Psychische Symptome zeigen sich bei Männern häufig weniger durch offene Traurigkeit oder Rückzug, sondern eher durch Reizbarkeit, Aggression, Zynismus oder vermehrtes Arbeitspensum (sogenannter "Überkompensationsmechanismus"). Emotionale Erschöpfung wird seltener offen benannt, was eine frühzeitige Erkennung erschwert. Männer greifen in belastenden Phasen auch häufiger zu Alkohol oder anderen Suchtmitteln als Ventil.
Einem Burnout liegen externe und interne Faktoren zugrunde. Bei äußeren Umständen handelt es sich beispielsweise um die Arbeitsbelastung, das Arbeitsumfeld und die soziale Unterstützung. Zudem begünstigen bestimmte Persönlichkeitsfaktoren wie Perfektionismus, (mangelndes) Selbstvertrauen und Unsicherheit als innere Faktoren die Entstehung des Erschöpfungssyndroms. Gerade in Bezug auf geschlechtsspezifische Unterschiede werden jedoch noch weitere Aspekte in den Blick genommen, die im Verlauf des Artikels näher erläutert werden.
Männer und Frauen unterscheiden sich in ihrer physiologischen Beschaffenheit. Untersuchungen aus Biologie und Hirnforschung geben Hinweise darauf, dass es geschlechtsspezifische körperliche Reaktionen auf Stress und belastende Situationen gibt. Frauen unterliegen beispielsweise zyklusbedingten hormonellen Schwankungen, der Schwangerschaft oder Menopause, die wiederum einen Einfluss auf Neurotransmitter und somit die Stimmung haben.
Eine Untersuchung aus Schweden von Lundberg und Frankenhaeuser (1999) ergab außerdem, dass Frauen während und nach der Arbeit eine signifikant höhere Konzentration an Stresshormonen aufwiesen, als Männer bei vergleichbarer Tätigkeit. Hier ist es allerdings wichtig zu beachten, dass das erhöhte Stresslevel auch durch gesellschaftliche und soziale Faktoren zustande kommen kann.
Zwar hat sich in den vergangenen Jahren einiges in Sachen Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern getan, doch ist es nach wie vor so, dass Frauen häufiger einer Doppelbelastung unterliegen als Männer – dem Spagat zwischen Familie und Beruf. Vor, zwischen oder nach der beruflichen Tätigkeit, heißt es für viele Frauen kochen, Haushalt, die Kinder zu diversen Veranstaltungen fahren und möglicherweise noch Angehörige pflegen.
Hinzu kommt, dass Frauen oft einen Druck auf sich spüren, perfekt und fehlerfrei mit all diesen Aufgaben zu jonglieren. Das lässt sich natürlich nicht auf alle Familiensituationen übertragen, dennoch zeichnet sich nach wie vor diese Tendenz ab. Es ist kaum verwunderlich, dass einem bei diesem Hürdenlauf irgendwann die Puste ausgeht.
Auch Männer stehen zunehmend unter Mehrfachbelastung
Wenn auch oft in anderer Form als Frauen. Zwar wird die klassische Rollenzuweisung langsam aufgebrochen, dennoch empfinden viele Männer nach wie vor den Druck, die Rolle des Hauptversorgers/-verdieners erfüllen zu müssen. Auch das kann zu einer dauerhaften inneren Anspannung führen, insbesondere wenn wirtschaftlicher Erfolg eng mit dem eigenen Selbstwert verknüpft ist. Viele Männer sprechen nicht offen über Überforderung, da gesellschaftlich oft noch das Bild des starken, belastbaren Mannes dominiert, der keine Schwäche zeigen darf.
Traditionelle Rollenbilder geben nicht nur die immer noch in der Mehrzahl vorliegende Arbeitsverteilung in der Familie vor; sie haben ebenfalls einen Einfluss auf individueller Ebene, damit, wie Männer und Frauen mit ihrer Umwelt interagieren und auch damit, wie sie mit sich selbst in Kontakt treten. Sicher kennen Sie alle das Sprichwort "Nur die Harten kommen in den Garten". Für Viele lautet die Devise: Durchpowern und bloß keine Schwäche zeigen. Ein richtiges "Arbeitstier" zu sein, ist für viele Männer nach wie vor erstrebenswert.
Der stereotypische Mann ist eher leistungsorientiert, die stereotypische Frau dagegen sozial orientiert. Ihr wird es eher zugestanden, nach Hilfe zu fragen und emotional zu sein. Auf den Geschlechtern lasten seit Kindheitstagen unterschiedliche gesellschaftliche Erwartungen, welches Verhalten als "männlich" oder "weiblich" gilt. Diese Rollenbilder prägen demnach auch unseren Umgang mit Problemen, Sorgen und Emotionen generell.
Männer zeigen risikoreicheres Verhalten als Frauen. Einerseits sozusagen "aktiv", indem sie mehr Alkohol trinken, rauchen, sich ungesund ernähren oder auf Autobahnen rasen; "passiv", weil sie sich bei körperlichen und psychischen Befindlichkeiten erst später Hilfe holen. Möglicherweise nehmen Männer Burnout-Symptome auch erst später wahr, da der Blick durch die starke Leistungsorientierung eher nach außen und weniger auf die innere, emotionale Verfassung gerichtet ist.
Doch auch die Schwelle, sich eine Überforderung einzugestehen, zu kommunizieren und entsprechende Hilfe in Anspruch zu nehmen, scheint, mitunter bedingt durch anerzogene Rollenklischees, deutlich höher zu liegen. Männer haben zudem insgesamt eine geringere Lebenserwartung als Frauen.
Vergessen Sie nicht, dass es sich bei stereotypischen Beschreibungen um keine starren Rüstungen handelt, in die jeder Mensch nach seiner Geburt gesteckt wird und aus der kein Entkommen möglich ist. Sie treffen außerdem nicht auf alle Personen der jeweiligen sozialen Gruppe, (z. B. Männer/Frauen) zu.
Das bedeutet, es gibt natürlich auch Frauen, die alkoholsüchtig sind und Männer, die sich ihre Überforderung eingestehen und Hilfe suchen. Dennoch zeichnet sich im unterschiedlichen Gesundheitsverhalten bei Männern und Frauen ein Bild ab, das vielleicht folgender Überzeugung entspringt: "Da muss Man(n) halt durch."
Die folgenden Hinweise können helfen, erste Veränderungen im Alltag anzustoßen und den Blick für das eigene Befinden zu schärfen. Sie ersetzen jedoch keine professionelle Unterstützung durch eine Therapie, insbesondere wenn die Belastung bereits stark ausgeprägt ist.
Gefühle jeglicher Art haben kein Geschlecht. Sie sind weder weiblich noch männlich, sondern einfach nur menschlich und suchen sich manchmal verschiedene Wege, um an die Oberfläche zu gelangen. Hierfür den eigenen Blick zu schärfen verhilft möglicherweise vielen Menschen zu einer frühzeitigen Unterstützung, die jedem zusteht!