
Pharmakotherapie
„So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ - so lautet das Motto unserer individualisierten Psychopharmakotherapie. Das bedeutet vor allem: eine detaillierte Nutzen-Risiko-Abwägung bei der Auswahl und Dosierung von Medikamenten.

Licht ist einer der stärksten Taktgeber für den menschlichen Organismus. Seit Millionen von Jahren richtet sich unser biologischer Rhythmus hauptsächlich nach der Helligkeit und Dunkelheit unserer Umwelt. Die moderne Lebensweise hat diese natürliche Balance jedoch erheblich verändert: Wir verbringen den Großteil unserer Zeit in Innenräumen, unter künstlichem Licht, das nur einen Bruchteil der Helligkeit von Tageslicht erreicht. Diese Veränderung kann unser biologisches System erheblich durcheinanderbringen.
Die Lichttherapie – auch Helligkeitstherapie oder Bright Light Therapy (BLT) genannt – nutzt die Wirkung intensiven Lichts, um gezielt in biologische Prozesse einzugreifen, diese wieder zu harmonisieren und Symptome verschiedener psychischer Störungen zu lindern.
Besonders bekannt ist ihr Einsatz bei der saisonalen Depression (SAD), doch aktuelle Forschung zeigt, dass sie weit darüber hinaus wirksam sein kann.
Bei der sog. Lichttherapie wird sehr helles, künstliches Licht mit einer Intensität zwischen 2.500 und 10.000 Lux angewendet. Zum Vergleich hat normales Raumlicht: etwa 300–500 Lux und ein heller Sommertagstrahlt mit etwa 50.000–100.000 Lux.
Für therapeutische Zwecke wird meistens eine 10.000-Lux-Lampe verwendet, die speziell dafür entwickelt wurde, schädliche UV-Anteile herauszufiltern und ein Vollspektrumlicht zu erzeugen. Während der Anwendung sitzt die Person etwa 30 bis 60 Zentimeter vor der Lampe, wobei das Licht in die Augen fällt. Man schaut nicht direkt in die Lampe hinein sonder kann dabei z.B. lesen und etwas anderes dabei tun. Die typische Behandlungsdauer beträgt 20–40 Minuten pro Tag, idealerweise am Morgen.

Der wichtigste Mechanismus betrifft den circadianen Rhythmus, also die innere 24-Stunden-Uhr des Körpers. Diese steuert:
Schlaf-Wach-Rhythmus
Hormonausschüttung
Körpertemperatur
Stoffwechsel
Stimmungslage und kognitive Leistungsfähigkeit
Wird der biologische Rhythmus aus dem Gleichgewicht gebracht – etwa durch kurze Wintertage, Schichtarbeit oder chronische Dunkelheit – kann dies die Stimmung beeinträchtigen. Licht ist das zentrale Signal, das über unsere Augen und deren Netzhaut den sogenannten suprachiasmatischen Nukleus (SCN) im Gehirn synchronisiert, der als Haupt-Taktgeber dient.
Melatonin ist das „Schlafhormon“, das den Körper auf Nachtruhe einstellt. Bei Dunkelheit steigt die Produktion, bei Licht wird sie gehemmt. Menschen, die im Winter an depressiven Symptomen leiden, weisen oft erhöhte Melatoninwerte am Tag auf oder einen „verschobenen“ Melatoninrhythmus auf. So dass es trotz der dann bestehenden Müdigkeit, trotzdem zu Schlafstörungen kommt. Die Lichttherapie normalisiert diesen Rhythmus. Weil Licht also eher für Wachheit sorgt, sollte man die Lichttherapie auch eher morgens oder am Vormittag nutzen.
Serotonin spielt eine zentrale Rolle bei der Stimmung. Ein ausgeglichener serotoninspiegel verhindert Depression, Angst und Anspannung. Somit ist emotionaler Stabilität, aber auch Antrieb und Motivation abhängig von dem Botenstoff Serotonin. Helligkeit stimuliert indirekt die Serotoninproduktion in bestimmten Hirnregionen. Studien zeigen, dass Menschen im Winter tendenziell niedrigere Serotoninspiegel haben. Lichttherapie kann auch dies ausgleichen.
Neuere Forschung weist darauf hin, dass Lichttherapie auch andere Stoffwechselsysteme des Körpers beeinflussen kann, wie Dopamin (Motivation, Belohnungssystem), Cortisol (Stresshormon), Noradrenalin (Antrieb, Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis)
Damit wirkt Licht auf ein sehr breites Spektrum psychobiologischer Prozesse.
Die saisonale affektive Störung, oft als „Winterdepression“ bekannt, ist die am besten erforschte Indikation der Lichttherapie. Sie tritt typischerweise in Herbst und Winter auf, wenn die Tage kürzer werden. Typische Symptome sind:
gedrückte Stimmung
erhöhtes Schlafbedürfnis
gesteigerter Appetit
Energielosigkeit
sozialer Rückzug
Die Wirksamkeit der Lichttherapie bei SAD gilt als sehr gut belegt. Viele Leitlinien empfehlen sie als Therapie erster Wahl, teilweise sogar vor Medikamenten. Studien zeigen, dass 60–80 % der Betroffenen innerhalb weniger Tage bis Wochen eine deutliche Besserung erleben.
Auch bei Major Depression, die unabhängig von Jahreszeiten auftritt, kann Lichttherapie wirksam sein. Zwar sind die Effektstärken etwas geringer als bei SAD, dennoch zeigt die Forschung, dass auch hier Lichttherapie depressive Symptome reduzieren kann. Daher wird die Lichttherapie auch bei der Major Depression als alleinige oder ergänzende Behandlung eingesetzt und in Kombination mit Antidepressiva unterstützt sie die Wirkung der Medikamente positiv. Gerade für Menschen, die Medikamente schlecht vertragen oder eine nicht-medikamentöse Option bevorzugen, stellt die Lichttherapie eine wertvolle Ergänzung oder Alternative dar.
Bei bipolarer Depression kann Lichttherapie ebenfalls helfen – wichtig ist jedoch eine vorsichtige Dosierung, da zu viel Licht theoretisch eine manische Phase auslösen könnte. Die Forschung deutet darauf hin, dass hier eine mittlere Lichtintensität, kürzere Sitzungen (unter 20 Minuten) das Risiko für eine manische Episode minimieren.
Lichttherapie wird zunehmend in der Behandlung von Schlafproblemen eingesetzt, etwa bei:
Schlafphasenstörungen (z. B. „Nachtmenschen“)
Jetlag
Schichtarbeit
Schlaflosigkeit infolge eines gestörten circadianen Rhythmus
Frühes Morgenlicht mittels Lichttherapie hilft dabei, den Schlaf-Wach-Rhythmus wieder zu normalisieren und abends früher müde zu werden.
Einige Studien zeigen, dass Lichttherapie Angst reduzieren kann, vorallem wenn Ängste mit Schlafstörungen oder saisonalen Stimmungsschwankungen zusammenhängen. Die Evidenz ist hier noch begrenzt, aber vielversprechend.
Auch Menschen mit Demenz oder in Pflegeeinrichtungen profitieren häufig von hellen Lichtern, die den Schlafrhythmus stabilisieren helfen Unruhe und Agitation zu reduzieren. Zudem werden auch hier durch die Lichttherapie depressive Symptome gemildert und die Tagesstruktur verbessert. Moderne Pflegeheime setzen daher zunehmend lichttherapeutische Raumkonzepte ein.
Erste Untersuchungen zeigen, dass Lichttherapie auch bei der Depression nach der Geburt hilfreich sein kann, vermutlich weil Schlafmangel und circadiane Störungen eine große Rolle spielen.

Natürlich können die Parameter individuell variieren.
Man kann entweder eine Lampe nutzen, die man vor den
Patient:innen können entweder eine Lampe nutzen, welche z. B. einen Tisch steht, oder eine Lichttherapie-Brille aufsetzten. Die modernen und geprüften Brillen strahlen weißes oder blaues Licht aus, das speziell kalibriert ist, um die positiven Effekte von natürlichem Sonnenlicht zu simulieren, ohne die Augen zu belasten oder die täglichen Aktivitäten zu stören. Das meist ergonomische und leichte Design macht sie einfach in der Anwendung und erlaubt gleichzeitig volle Bewegungsfreiheit.
Während der Sitzung kann man lesen, frühstücken oder arbeiten. Wichtig ist, dass das Licht die Augen erreicht, aber ohne hineinzustarren. Die Lampe sollte leicht von oben scheinen – ähnlich wie Sonnenlicht. Ein regelmäßiger Tagesrhythmus verstärkt die Wirkung.
Lichttherapie gilt als sehr sicher. Mögliche, aber meistens milde Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Augenreizungen, innere Unruhe oder Nervosität sowie selten Schlafprobleme (wenn zu spät am Tag oder zu lange am Stück angewendet)
Nicht verwenden sollte man Lichttherapie ohne Rücksprache, wenn man:
eine Augenerkrankung hat
lichtsensibilisierende Medikamente einnimmt
Epilepsie mit Lichtempfindlichkeit hat
Trotz ihrer Wirksamkeit ist Lichttherapie kein Allheilmittel. Sie wirkt nicht bei jeder Person gleich gut und ersetzt keine umfassende Behandlung, wenn eine schwere psychische Erkrankung vorliegt. Sie ist jedoch eine wertvolle Ergänzung zu:
Psychotherapie
Medikamenten
Schlafhygiene
Bewegung
gesunder Tagesstruktur
Die besten Ergebnisse entstehen oft durch Kombination verschiedener Maßnahmen.
Lichttherapie ist eine der wissenschaftlich am besten abgesicherten nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden für Depressionen – insbesondere für saisonale Formen, aber auch für andere Störungsbilder. Ihre Wirkung basiert auf einer Normalisierung des circadianen Systems sowie der Regulation wichtiger Hormone und Neurotransmitter. Die Therapie ist sicher, gut verträglich und einfach anzuwenden, was sie auch für den Alltag attraktiv macht.
Angesichts der Zunahme von depressiven Beschwerden, Stress, Müdigkeit und Schlafproblemen in der modernen Gesellschaft gewinnt Lichttherapie zunehmend an Bedeutung. Für viele Menschen kann sie ein effektiver, sanfter und natürlicher Weg sein, um die psychische Gesundheit zu stabilisieren und das Wohlbefinden nachhaltig zu verbessern.